Interview: Olaf Thon zur EM-Qualifikation 2020

Interview mit Olaf ThonDie Quali-Gruppen für die EURO 2020 stehen fest! Die Fans dürfen sich auf spannende Matches im Kampf um die Tickets freuen.  Im exklusiven bet-at-home.com Interview analysiert Schalke-Legende Olaf Thon neben der Auslosung auch das Horror-Jahr der deutschen Nationalmannschaft und wirft einen Blick in die Zukunft.

Herr Thon, die Gruppen für die EM-Qualifikation stehen fest. Was sagen Sie zur Auslosung der deutschen Nationalmannschaft? Ist Platz 1 möglich?

Die Voraussetzungen für eine leichte Qualifikationsgruppe waren von Beginn an nicht optimal. Durch das eigene Verschulden war Deutschland nicht in Topf 1 gesetzt und hat somit einen erwartet schweren Gegner mit den Niederlanden gezogen. Betrachtet man allerdings die weiteren Gruppengegner Nordirland, Estland und Weißrussland, erscheint die Qualifikation doch als insgesamt machbare Aufgabe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die beiden großen Nationen die Plätze 1 und 2 in dieser Gruppe unter sich ausmachen machen. In den engen Topsspielen wird es auch auf die Tagesform der Teams ankommen. Aber ja, Platz 1 in dieser Gruppe ist möglich.

Nach der kommenden EM könnte für Löw ein guter Zeitpunkt gekommen sein, um das Amt des Bundestrainers niederzulegen.

Abseits dieser Gruppe, welche ist für Sie die spannendste?

In meinen Augen wurde keine sogenannte „Todesgruppe“ ausgelost. Ich bin mir sehr sicher, dass sich in allen zehn Gruppen der Favorit durchsetzen wird. Eine besonders spannende Gruppe kann ich nicht erkennen.

Ein Blick in die Zukunft: Die Europameisterschaft 2020 wird in zwölf Ländern ausgetragen. Wie finden Sie diesen Modus?

Das neue Modell zur EM 2020 in zwölf Ländern ist eine große Chance für Europa, als gemeinsamer Veranstalter zusammenzuwachsen und sich als eine Einheit innerhalb und außerhalb des Fußballs zu präsentieren. Zudem muss man auch betonen, dass die Reisewege und Strapazen für die Mannschaften nicht extrem sein werden. Die Städte in den einzelnen Austragungsländern sind gut zu erreichen. Und natürlich ist es auch für den deutschen Standort München großartig einige Spiele bei der EM 2020 auszutragen. Ich bin grundsätzlich offen für innovative Neuerungen im Fußball. Wenn sie diesem gut tun. Aber das wird sich erst nach dem Turnier zeigen.

Auch die Nations League war eine Premiere. Wie fällt Ihr Resümee zu diesem Format aus?

Wie auch dem Modus zur nächsten EM, war ich positiv gegenüber der Nations League gestimmt. Es ist ein Format, in dem die besten Teams Europas in kleinen Gruppen auf höchstem Niveau gegeneinander antreten. Dennoch ist in meinen Augen dieses Modell noch nicht ausgereift. Mir stellt sich zum Beispiel die Frage, ob es zu einer WM auch einen Startplatz über die Nations League geben wird. Die Nations League sollte weiter ausgereift werden, um vor allem die Verständlichkeit für Fans gewährleisten zu können.

Im Jahr 2018 gewann Deutschland nur vier von 13 Partien. Nach dem WM-Vorrunden-Aus folgte der Abstieg in der Nations League. Was waren die Gründe für dieses Horror-Jahr?

Ein wesentlicher Grund für die verkorkste WM war das zu lange Festhalten an den Weltmeistern von 2014. Der Bundestrainer schenkte sein Vertrauen den verdienten Spielern. Hier wurde in der Vorbereitung zum Turnier versäumt eine strukturelle Wende im Kader einzuläuten. Dieser schwere Rucksack, mit dem Vorrunden-Aus bei der WM, setzte der Mannschaft das gesamte Jahr zu. Und das führte dazu, dass Deutschland auch in der Nations League wenig erfolgreich war.

Interview Olaf ThonIst Joachim Löw noch immer der richtige Mann für das Amt als Bundestrainer?

Für mein Befinden “Ja”. Joachim Löw hat es verdient, es nach der WM 2018 noch einmal besser zu machen. Ich spüre bei ihm eine sehr hohe Eigenmotivation, um die deutsche Nationalmannschaft in ihrer Struktur sukzessive zu verjüngen und einen neuen Spieltrieb zu vermitteln. Ich denke nach der kommenden EM könnte ein guter Zeitpunkt gekommen sein, um das Amt des Bundestrainers niederzulegen. Wichtig für den DFB hierbei ist es frühzeitig einen Nachfolger aufzubauen, der das Team von Löw nahtlos übernehmen kann.

Neben taktischen Änderungen gab es auch einen personellen Umbruch. Wie bewerten Sie diesen Schritt und wer sind ihrer Meinung nach die Hoffnungsträger im DFB-Team?

Es war unausweichlich einen personellen Umbruch der Mannschaft in die Wege zu leiten. Dies passiert aber natürlich nicht von heute auf morgen. Der sogenannte Umbruch muss bewusst und Schritt für Schritt erfolgen. Spieler wie Werner, Gnabry, Havertz, Sané und auch Leon Goretzka stehen für den Neuanfang der deutschen Mannschaft. Auch defensiv hat Deutschland mit Süle und Rüdiger interessante Spieler, die die Zukunft der deutschen Abwehr sein können. Ich möchte aber auch die neue Position von Kimmich, der nun neben Toni Kroos in der Zentrale fungiert, als wesentlichen Bestandteil des notwenigen Umbruchs aufzählen.

Wie sieht Ihre Prognose für die kommenden Jahre aus? Geht’s mit der Nationalmannschaft wieder bergauf?

Bis zur EM-Qualifikation haben die Spieler nun Zeit sich auf ihre Vereine zu konzentrieren und die Nationalmannschaft erst einmal aus ihren Köpfen zu streichen. Das wird jedem einzelnen sicherlich guttun. Und mit der lösbaren Qualifikationsgruppe wird das Team mit aller Macht den Neuanfang starten und sich für die EM 2020 qualifizieren.

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